Ruhr Nachrichten, 19.06.2008

Einblick in "Die Ermittlung"

Veranstaltungsreihe um NS-Vergangenheit und deren Aufarbeitung

Bochum. Die Veranstaltungsreihe "Bochumer Ermittlungen" dreht sich um die NS-Vergangenheit und deren Aufarbeitung. Am Dienstagabend widmete man sich dem Theaterstück "Die Ermittlung" von Peter Weiss, die für diese Reihe namengebend war. "Wir ergänzen unsere Reihe damit auch um die künstlerische Sicht auf die Vergangenheitsbewältigung", sagte Organisator Dr. Jürgen Mittag vom Institut für soziale Bewegungen in seiner Begrüßung. Zunächst gab Sepp Hiekisch-Picard vom Museum Bochum eine Einführung und beantwortete die Frage, was Peter Weiss mit Bochum zu tun hat. Der Kontakt mit Weiss entstand über den Künstler Endre Nemes, der Weiss vom Studium in Prag kannte und 1974 im Museum in Bochum ausstellte. 1980 wurde dann Weiss selbst als Maler in einer Ausstellung im Museum Bochum vorgestellt. Als 1990 die Stadt Bochum nach einem neuen Namen für einen Preis suchte, fiel die Entscheidung auf den sozial engagierten Künstler. Da Weiss, der von 1916 bis 1982 lebte, sowohl Romanautor, Dramatiker, Maler als auch Filmemacher war, wird der Preis abwechselnd in den Kategorien Literatur, Theater, bildende Kunst und Film vergeben. Einen Einblick in die Werksgeschichte und -bedeutung der "Ermittlung" gab anschließend der Weiss-Biograph Dr. Jens-Fietje Dwars. Weiss verfolgte den Frankfurter Ausschwitz-Prozess von 1963 bis 1965 sehr genau und brachte ihn in seinem Theaterstück auf die Bühne, indem er die Originalprotokolle kürzte, gliederte und somit zuspitzte. 1965 wurde "Die Ermittlung" an 15 Theatern in Deutschland gleichzeitig uraufgeführt und sorgte für viel Aufsehen und auch Kritik. Beispielsweise weil er das Wort "Jude" im Stück nicht benutzte, wurde ihm ein Verrat am Judentum vorgeworfen. Dwars interpretiert dies jedoch anders: "Das Entscheidende war für ihn, was Menschen mit Menschen taten." Heutzutage ist "Die Ermittlung" kaum noch auf deutschen Bühen zu sehen.

Am nächsten Dientsag (24.) wird Prof. Dr. Constantin Goschler (RUB) um 18 Uhr im Stadtarchiv zum Thema "Die Rückkehr der Opfer? Juden in Deutschland nach 1945" referieren. Den Abschluss der Veranstaltungsreihe bildet die Podiumsdiskussion in der Synagoge Bochum am Dienstag, 8. Juli, um 18 Uhr.


zit. nach:Ruhr Nachrichten v. 19.06.2008