WAZ, 08.01.2007, Mantel

Versöhnen statt spalten...

Eine Maxime, die schwer wog und bis heute wiegt: Rau-Symposium in Bochum

Von Werner Conrad

Bochum. "Versöhnen statt spalten" - diese Maxime aus einem längst vergangenen Bundestagswahlkampf hing Johannes Rau "manchmal wie ein Mühlstein um den Hals", sagt Karsten Rudolph, stellvertretender Landesvorsitzender der NRW-SPD, Landtagsabgeordneter und Historiker an der Ruhr-Universität Bochum. Und doch ist ihr Inhalt "ungemein aktuell", wie das hochkarätig besetzte Podium gestern Abend im Bochumer Haus der Geschichte des Ruhrgebiets einmütig befand. Dort findet noch bis heute ein wissenschaftliches Symposium zum Lebenswerk von Johannes Rau mit Weggefährten, Kontrahenten sowie zahlreichen Wissenschaftlern statt.

Die öffentliche Podiumsdiskussion - neben Rudolph nahmen Ministerin a.D. Ilse Brusis, Brandenburgs früherer Ministerpräsident Manfred Stolpe, Thyssens ehemaliger Vorstandsvorsitzender Heinz Kriwet und für den erkrankten Ex-Bundesminister Norbert Blüm Wilhelm Beermann, ehemaliger RAG-Vize-Chef, teil - näherte sich, moderiert von WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz, dem Menschen und vor allem dem Politiker Johannes Rau von verschiedenen Seiten - immer mit Bezug auf das Heute. Heraus kam ein Bild Raus mit Vorbildcharakter: Respekt vor den Menschen und den demokratischen Institutionen, Zuverlässigkeit, die Fähigkeit, Menschen mitzunehmen, Menschlichkeit, Anstand, Handeln aus christlicher Prägung.

"Versöhnen statt spalten" als Antwort auf die Atomisierung der Gesellschaft? Ja, klang es aus den meisten Beiträgen heraus. Auch wenn man den Begriff "nicht so überhöhen sollte", warnte Manfred Stolpe. Wie eine Aussage aus der Heiligen Schrift habe Rau das nicht gemeint. Aber aus unterschiedlichen Interessen einen Interessenausgleich zu finden - das sei zukunftsnotwendig.

Einiges Neues konnte man mitnehmen, wie Ulrich Reitz erkannte: dass Rau zum Beispiel noch vor Thyssen von den Kruppschen Übernahmeabsichten wusste; oder dass nicht alle von Rau zitierten Bibelstellen wirklich stimmten - Stolpe hat mitgeschrieben und nachgeguckt!

Und kaum einer im Saal war begeistert von der Idee, den Flughafen Düsseldorf nach Rau zu benennen. Eine Uni wäre besser - viel Beifall für Kriwets Vorschlag.


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